Gäbe es keinen „Anderen“, dann gäbe es kein „Ich“. Gäbe es kein „Ich“, wäre da nichts, was den „Anderen“ wahrnähme.
Zhuangzi, Das Buch der daoistischen Weisheit. (Reclam, Universal-Bibliothek)
Das Buch ist eine Sammlung von Vorträgen die Toni Morrisons im Frühjahr 2016 an der Harvard Universität gehalten hat. Anhand ihrer eigenen Bücher, populärer Romane anderer Autoren, einiger Anekdoten und historischer Fakten beschreibt sie, wie sich Begriffe und Vorstellungen um das „Selbst“ und den „Anderen“, bilden, verschieben, ändern. Wie die ultimativ „Anderen“ in Form der „Rasse“ auf den Plan treten.
Sie erzählt wie sie ihre Themen findet und wie sie sich damit auseinandersetzt. Sie betreibt keine eigene Faktenforschung über das hinaus was historisch bekannt ist, vielmehr sind die historischen Ereignissen für sie Anlass sich das Leben der Menschen unter diesen Verhältnissen vorzustellen und es im Roman zu entwickeln und auszubreiten.
Soll heißen: Die entlaufene Sklavin (Roman „Beloved“), die von Sklavenjägern wieder eingefangen, ihr Kind tötet, um ihm das Sklavenschicksal zu ersparen, gab es wirklich. Damals ein spektakulärer Fall und ein scheinbar paradoxe Situation: Die Gegner der Sklaverei forderten eine Anklage wegen Mordes - das hätte Täterin und Opfer als Menschen anerkannt - verurteilt wurde sie aber nur wegen Beschädigung des Eigentums ihres Sklavenhalters und sie wurde diesem dann zurückgegeben. Toni Morrison spürt ihn „Beloved“ nicht den Fakten dieses Falles nach (dazu gibt es inzwischen anderes Material), sie läßt ihre Protagonisten eine ähnliche Situation durchleben, es geht darum wie die Menschen damit klar kommen.
Die Heimreise des Protagonisten in „Home“, - Heimkehr eines Soldaten aus dem Koreakrieg, der auf dem Weg von der Polizei schwer misshandelt wird, gab es wirklich (und erregte damals Aufsehen); auch die medizinischen Experimente an Schwarzen gab es wirklich - sie sind in dem Roman die gegebenen Umstände unter denen die beschädigten Protagonisten leben und zurechtkommen müssen. Die Romanfiguren bebildern nicht einfach diese Tatsachen und diese Tatsachen werden nicht im einzelnen geschildert und analysiert.
Weitere Themen sind u.a. Hautfarbe als Code in der Literatur, d.h. mit der Nennung der Hautfarbe werden Charaktereigenschaften von Personen impliziert, die Romantisierung der Sklaverei auch in gutgemeinter Literatur.
Die Vorträge setzen keine literaturtheoretischen oder philosophischen Kenntnisse voraus, sie sind leicht verständlich und für alle Leser interessant.
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